Donnerstag, 1. November 2012

Wurzeln

Beerdigungen sind schon was komisches. Erst heult man Rotz und Wasser, dann sitzt man zusammen und lacht Tränen. Hauptsache geheult.

Gestern durfte oder besser musste ich dieses Phänomen schon wieder erleben, das zweite Mal dieses Jahr. Meine Tante Josephie ist letzte Woche gestorben, wieder ein Teil der Familie der einfach irgendwie fehlt, auch wenn man sich schon länger nicht mehr und sowieso eher selten sah in den letzten Jahren. Ein Teil dieses Gebildes, oder dieses grossen Familienpuzzles das es einmal war ist wieder weg, unwiederbringbar. In unserer Familie immer deutlicher spürbar, denn wir werden immer weniger. Zu der Familie meines Vaters hatte ich eh nie Kontakt. Die Familie meiner Mutter war und ist also "meine" Familie. Schon immer gewesen, Kindheitserinnerungen basieren alle auf diesen Familiemitgliedern. Wohlen, "d Halde", Erdmannlistein, Sonntagsspaziergänge in den "Schoppen", Zitronenkuchen, Zigarrettenrauch bis zur Unkenntlichkeit, Güggel und Hühner, nicht in echt, dafür in allen anderen Variationen, das Haus, das leider nicht mehr steht, in dem man immer gefroren hat und in dem es trotzdem warm war, die "Pergola", viel Lachen, Hundespaziergänge, Theaterbesuche in Zürich, ein Erlebnis das ich übrigens heute auch alljährlich an meine Kinder weitergebe, sprechende Papageien, Sprünge in den Pool, Luftmatratzen, Schwimmenlernen... um nur einige Erinnerungen zu nennen. Die zwar ewig selben Geschichten, die erzählt werden, "weisch-no"-Geschichten halt, die aber regelmässig in ausuferndem Gelächter und Tränen enden, vor Lachen selbstverständlich. Dabei fällt mir ein, dass ich schon lange die Geschichten, die mir meine Mutter immer erzählt hat "von früher", aufschreiben wollte. Von meinen Onkels, die die BDB, die Bremgarten-Dietikon-Bahn, herausforderten, von der Tante, die sich unter wilde Pferde legte oder sich in der Kirche Nastücher in den Mund stopfte um nicht laut zu lachen, von Katzen die aus Stockwerken flogen...

Und auch wenn der Anlass der Zusammenkunft ein trauriger war, so spürte ich doch gestern wie auch schon am Tag als mein Vater beigesetzt wurde, wer ich bin, woher ich komme, die Erinnerung an die Kindheit, die Verbundenheit, das eigene Leben, das so sehr beeinflusst wurde durch all diese Menschen.

Danke mini Sturzis, schön ein Teil dieser Familie zu sein (auch wenn ich alterstechnisch immer hinterherhinke... )

Dazu hier auch noch das Lied, das mir gestern bei der Abdankung am meisten ans Herz ging.




Kennen Sie übrigens die Legende vom Erdmannlistei? Gehen Sie mal mit Ihren Kindern auf einen Ausflug dahin und erzählen Sie Ihnen von den Zwergli, die da drin wohnen. Und dann sagen Sie ihnen auch, dass sie 7x um den Erdmannlistein springen müssen, ohne zu atmen, und dann, aber nur dann, werden die Zwergli hervorkommen...
Ich weiss nicht wie oft in meinem jungen Leben ich das versucht habe, selbstverständlich unmöglich, und selbstverständlich habe ich jedes Mal "bschisse" und hinter dem Stein schnell Luft geholt, denn es ist ein Ding der Unmöglichkeit... Trotzdem hats immer riesig Spass gemacht.

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