Samstag, 12. Januar 2013

Die ersten Schritte im neuen Daheim


Das Baby hat den Kuraufenthalt in der Privatgarage angetreten, das Projekt kann nun endlich begin­nen. Ein erstes Mal durfte ich ihn sogar schon fahren, meinen wahrgewordenen Autotraum, allerdings lediglich an ein Abschleppseil an einen VW Golf gebunden. In Ermangelung von Polstern auf blankem Blech sitzend und mit Handbremse bremsend. Ein etwas mulmiges Gefühl im Bewusstsein darum, wie sehr der Vordermann an seinem Auto hängt. Ausserdem hoffe ich, das wird nicht die künftige Fortbewegungsart bleiben.

Als erstes sollte der Bus mal eine Weile richtig durchlüften, da er lange Jahre jetzt mit ein paar weni­gen Artgenossen auf dem Schrottplatz rumstehen musste, bis sich meiner einer in ihn verliebt hat. In dieser Zeit haben sich Wespen eingenistet und eine ganze Armee Spinnen haben sich ihn zu ihrem Lieblingsplatz auserkoren. Ich bin ein Einzelkind und deshalb nur bedingt fähig zu teilen, und für Wohngemeinschaften bin ich nun mal sowieso zu alt. Die bisherigen Mieter haben also ihre Kündi­gung erhalten und mussten samt Netz und Pack ausziehen. Auch Gary, die Busschnecke, von Anfang an dabei wie Sie aus den letzten Fotos sehen. Sein Leben auf der Ueberholspur geht im an die Garage grenzenden Gebüsch weiter. Alles Gute Gary!

Zwecks Durchlüftung und Entfeuchtung des Busses müssen nun erstmal alle Fenster raus. Ich fasse meinen ersten Job als Automechanikerlehrling und beginne damit rundherum die Gummidichtungen mit einem Teppichmesser herauszuschneiden. Für alle, die genau so wenig Ahnung haben wie ich: Wenn die Gummidichtungen beim Auto weg sind, halten auch die Fenster nicht mehr und können somit ganz einfach herausgenommen werden. Können Sie gerne an ihrem Auto selbst versuchen, seien Sie sich aber bewusst, dass Sie danach neue Dichtungen brauchen sowie vermutlich einen Fachmann der die Dichtungen mitsamt den Fenstern wieder einsetzt. Ich könnte Ihnen lediglich beim Herausschneiden helfen, beim wiedereinsetzen bin ich noch nicht! Nach 2 Minuten also höre ich bereits den Satz „Wenn du so weiter machst ist es dun­kel bis du die letzte Dichtung raus hast“. Zum Glück bin ich zwischendurch mal im richtigen Moment schlagfertig und antworte „Lass uns mal gemeinsam je eine Steuererklärung machen! Was meinst du bei wem von uns beiden es dunkel wird bis sie vollständig ausgefüllt da liegt?!“ Zwei Sekunden vergehen bevor der Bus-Chefumbauer anerkennend nickt. Ab da waren die Fronten geklärt und er hatte sich, fürs erste jedenfalls, mit meiner Langsamkeit abgefunden. Mit jedem Fenster wurde ich schneller und schlussendlich hatte ich es geschafft, noch bevor die Dämmerung über das Land hereinbrach.

Dann durfte alles was abmontierbar ist abmontiert werden. Schlösser, Lichter, Nummernhalter und ähnliches. Ich schraube und löse und schraube und löse, was mir halt grad so abmontierbar erscheint, und gerade als ich mich für den absoluten Handwerkerkönig halte und mein Körper sich schon in Anspannung versetzt um das Victory-Zeichen zu posieren, ist Schluss. Die letzte Schraube, wie könnte es anders sein, will sich mir nicht ergeben. Vorerst. 2 Sprühdrücker Corex Ice Spezialkriech­öl und ich stehe da als hätte ich gerade den 30jährigen Krieg gewonnen mit dem Schraubenzieher in hoch erhobener Hand. Wenn ich noch herausfinde wozu dieses kriechende Oel im Haushalt verwendbar ist werde ich es zu meinem Lieblingshausmittel erküren. Einzig die Schrauben des Armaturenbretts waren zusammen mit Rost zu einer Einheit mit dem Blech verschmolzen und leisteten bis zum bitteren Ende Widerstand. Der Bohrer setzte diesem Widerstand gnadenlos ein Ende. Jaja, das ist hier kein Ponyhof.

Nachdem also sämtliche Verkleidungen an den Türen und am Dach mit roher Gewalt entfernt sind (sanfte Renovation, pah!) und auch die vollkommen angefaulten Sonnenblenden ihre letzte Reise Richtung Abfallsack angetreten haben werden noch die Türen abgeschraubt und dann steht der Bus so nackig wie nötig in seiner ganzen neptunblauen Schönheit da. Lediglich auf dem Boden im Innern liegen noch allerlei Ueberbleibsel aus der besitzerlosen Zeit. Dort wo der Dreck noch nicht durch die Rostlöcher zum Boden gesegelt ist. Jede perfekte Hausfrau würde erschaudern beim Anblick der sich ihr hier bietet. Einer der wenigen Momente in denen ich dankbar bin nicht zu dieser in unserem Lande doch erstaunlich häufig anzutreffenden Spezie Frau zu gehören. Jahrzehntelang angehäufter Dreck gepaart mit einer ordentlichen Prise Feuchtigkeit, einer erfolgreichen Champignons-Zucht stünde nichts im Wege. Ausserdem finden sich eine Zigarrette, vermutlich eine die noch zu ungefähr Fr. 3.-- das Päckli gekauft wurde, eine Zürcher Zeitung aus dem Jahr 1994 sowie eine leider nicht mehr lesbare Visitenkarte. Sehen Sie übrigens den Schlitz auf Foto 4? Nachdem ich in jedem Quadratzentimeter dieses Wunderwägelchens Rostlöcher gefunden hatte, stiess ich beim reinigen der Dachrinne mit dem Schraubenzieher auf besagten Schlitz, stiess ein Stöhnen aus und sagte „Hier ist auch alles durchgerostet!“. Schaut mich der Chef-Busumbauer mit hochgezogenen Augenbrauen und einem wie-kann-man-nur-so-unwissend-sein Blick an und sagt „Das muss so sein, dort läuft das Regenwasser ab damit es eben NICHT steht und NICHT rostet!“ Okay, aber hätt ja sein können...

Fürs erste hatte ich jedenfalls hinreichend Rost inhaliert und der Hornhaut an den Händen war auch zur Genüge gefrönt, Feuer entfachen und grillen war nun endlich angesagt. Beim nächsten Treffen mit meinem Bus solls dann endlich etwas röhren. Ich bin gespannt ob wir uns anfreunden, die Schleifmaschine und ich, ich hatte nämlich noch nie sowas unter meinen Händen.

Bis dahin, gute Fahrt und grüne Ampeln wünsch ich Ihnen!





Damit man die Strasse unter den Rädern nicht nur spürt sondern auch sieht!



Luftlöcher


 Besagtes "Abwasser-Dach-System", KEIN Rostschlitz


Gary, die Busschnecke, back from out of the green into the blue






Schnipp Schnapp, Fensterdichtungen weg!


(Stand Ende September 12)







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