Das Baby hat den Kuraufenthalt in der
Privatgarage angetreten, das Projekt kann nun endlich beginnen.
Ein erstes Mal durfte ich ihn sogar schon fahren, meinen
wahrgewordenen Autotraum, allerdings lediglich an ein Abschleppseil
an einen VW Golf gebunden. In Ermangelung von Polstern auf blankem
Blech sitzend und mit Handbremse bremsend. Ein etwas mulmiges Gefühl
im Bewusstsein darum, wie sehr der Vordermann an seinem Auto hängt.
Ausserdem hoffe ich, das wird nicht die künftige Fortbewegungsart
bleiben.
Als erstes sollte der Bus mal eine
Weile richtig durchlüften, da er lange Jahre jetzt mit ein paar
wenigen Artgenossen auf dem Schrottplatz rumstehen musste, bis
sich meiner einer in ihn verliebt hat. In dieser Zeit haben sich
Wespen eingenistet und eine ganze Armee Spinnen haben sich ihn zu
ihrem Lieblingsplatz auserkoren. Ich bin ein Einzelkind und deshalb
nur bedingt fähig zu teilen, und für Wohngemeinschaften bin ich
nun mal sowieso zu alt. Die bisherigen Mieter haben also ihre
Kündigung erhalten und mussten samt Netz und Pack ausziehen.
Auch Gary, die Busschnecke, von Anfang an dabei wie Sie aus den
letzten Fotos sehen. Sein Leben auf der Ueberholspur geht im an die
Garage grenzenden Gebüsch weiter. Alles Gute Gary!
Zwecks Durchlüftung und Entfeuchtung
des Busses müssen nun erstmal alle Fenster raus. Ich fasse meinen
ersten Job als Automechanikerlehrling und beginne damit rundherum die
Gummidichtungen mit einem Teppichmesser herauszuschneiden. Für alle,
die genau so wenig Ahnung haben wie ich: Wenn die Gummidichtungen
beim Auto weg sind, halten auch die Fenster nicht mehr und können
somit ganz einfach herausgenommen werden. Können Sie gerne an ihrem
Auto selbst versuchen, seien Sie sich aber bewusst, dass Sie danach
neue Dichtungen brauchen sowie vermutlich einen Fachmann der die
Dichtungen mitsamt den Fenstern wieder einsetzt. Ich könnte Ihnen
lediglich beim Herausschneiden helfen, beim wiedereinsetzen bin ich
noch nicht! Nach 2 Minuten also höre ich bereits den Satz „Wenn
du so weiter machst ist es dunkel bis du die letzte Dichtung
raus hast“. Zum Glück bin ich
zwischendurch mal im richtigen Moment schlagfertig und antworte „Lass
uns mal gemeinsam je eine Steuererklärung machen! Was meinst du bei
wem von uns beiden es dunkel wird bis sie vollständig ausgefüllt da
liegt?!“ Zwei Sekunden
vergehen bevor der Bus-Chefumbauer anerkennend nickt. Ab da waren die
Fronten geklärt und er hatte sich, fürs erste jedenfalls, mit
meiner Langsamkeit abgefunden. Mit jedem Fenster wurde ich
schneller und schlussendlich hatte ich es geschafft, noch bevor die
Dämmerung über das Land hereinbrach.
Dann durfte alles was abmontierbar ist
abmontiert werden. Schlösser, Lichter, Nummernhalter und ähnliches.
Ich schraube und löse und schraube und löse, was mir halt grad so
abmontierbar erscheint, und gerade als ich mich für den absoluten
Handwerkerkönig halte und mein Körper sich schon in Anspannung
versetzt um das Victory-Zeichen zu posieren, ist Schluss. Die letzte
Schraube, wie könnte es anders sein, will sich mir nicht ergeben.
Vorerst. 2 Sprühdrücker Corex Ice Spezialkriechöl und ich
stehe da als hätte ich gerade den 30jährigen Krieg gewonnen mit dem
Schraubenzieher in hoch erhobener Hand. Wenn ich noch herausfinde
wozu dieses kriechende Oel im Haushalt verwendbar ist werde ich es zu
meinem Lieblingshausmittel erküren. Einzig die Schrauben des
Armaturenbretts waren zusammen mit Rost zu einer Einheit mit dem
Blech verschmolzen und leisteten bis zum bitteren Ende Widerstand.
Der Bohrer setzte diesem Widerstand gnadenlos ein Ende. Jaja, das ist
hier kein Ponyhof.
Nachdem also sämtliche Verkleidungen
an den Türen und am Dach mit roher Gewalt entfernt sind (sanfte
Renovation, pah!) und auch die vollkommen angefaulten Sonnenblenden
ihre letzte Reise Richtung Abfallsack angetreten haben werden noch
die Türen abgeschraubt und dann steht der Bus so nackig wie nötig
in seiner ganzen neptunblauen Schönheit da. Lediglich auf dem Boden
im Innern liegen noch allerlei Ueberbleibsel aus der besitzerlosen
Zeit. Dort wo der Dreck noch nicht durch die Rostlöcher zum Boden
gesegelt ist. Jede perfekte Hausfrau würde erschaudern beim Anblick
der sich ihr hier bietet. Einer der wenigen Momente in denen ich
dankbar bin nicht zu dieser in unserem Lande doch erstaunlich häufig
anzutreffenden Spezie Frau zu gehören. Jahrzehntelang angehäufter
Dreck gepaart mit einer ordentlichen Prise Feuchtigkeit, einer
erfolgreichen Champignons-Zucht stünde nichts im Wege. Ausserdem
finden sich eine Zigarrette, vermutlich eine die noch zu ungefähr
Fr. 3.-- das Päckli gekauft wurde, eine Zürcher Zeitung aus dem
Jahr 1994 sowie eine leider nicht mehr lesbare Visitenkarte. Sehen
Sie übrigens den Schlitz auf Foto 4? Nachdem ich in jedem
Quadratzentimeter dieses Wunderwägelchens Rostlöcher gefunden
hatte, stiess ich beim reinigen der Dachrinne mit dem Schraubenzieher
auf besagten Schlitz, stiess ein Stöhnen aus und sagte „Hier ist
auch alles durchgerostet!“. Schaut mich der Chef-Busumbauer mit
hochgezogenen Augenbrauen und einem
wie-kann-man-nur-so-unwissend-sein Blick an und sagt „Das muss so
sein, dort läuft das Regenwasser ab damit es eben NICHT steht und
NICHT rostet!“ Okay, aber hätt ja sein können...
Fürs erste hatte ich jedenfalls
hinreichend Rost inhaliert und der Hornhaut an den Händen war auch
zur Genüge gefrönt, Feuer entfachen und grillen war nun endlich
angesagt. Beim nächsten Treffen mit meinem Bus solls dann endlich
etwas röhren. Ich bin gespannt ob wir uns anfreunden, die
Schleifmaschine und ich, ich hatte nämlich noch nie sowas unter
meinen Händen.
Bis dahin, gute Fahrt und grüne Ampeln
wünsch ich Ihnen!
Damit man die Strasse unter den Rädern nicht nur spürt sondern auch sieht!
Luftlöcher
Besagtes "Abwasser-Dach-System", KEIN Rostschlitz
Gary, die Busschnecke, back from out of the green into the blue
Schnipp Schnapp, Fensterdichtungen weg!
(Stand Ende September 12)
(Stand Ende September 12)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen